Velleda

Velleda

Velleda, die berühmteste der Seherinnen des alten Germaniens, eine brukterische Jungfrau, die wahrhaft magische Gewalt über alle an den beiden Rheinufern wohnenden rohen Völkerstämme ausübte. Sie lebte ungefähr um die Mitte des ersten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung, und stand im größten Ansehen, als sich im Jahr 70 auf Anstiften des Civilis ganz Gallien gegen Rom erhob. Auch in den deutschen Gauen verbreitete sich der Aufruhr, und V. von wilder, patriotischer Begeisterung ergriffen, weissagte von ihrem einsamen Thurme in den brukterischen Wäldern herab den Deutschen Sieg, den Römern Untergang, die nach Nero's Tode durch bürgerliche Kriege geschwächt waren und mithin der Macht der Gallier und Belgier keinen kräftigen Widerstand entgegen zu setzen vermochten. Die ersten glücklichen Erfolge des empörten Heeres, die Niederlage des Classicus und Civilis siegreicher Einzug in Vetera schienen der Seherin kühne Prophezeiungen zu bestätigen, und gewannen ihr das Vertrauen der Verbündeten. V. gelang es, die seit langen Jahren den Römern befreundeten Caninefaten und Ubier zu einem Bündnisse mit deren Feinden zu bewegen. Nach der Einnahme von Vetera sandte ihr Civilis das Köstlichste von der römischen Beute als Ehrengeschenk; und in der Folge, da sich die Germanen der meisten Schiffe des Petilius Cerealis bemächtigten, erhielt sie zum Lohne ihrer Weissagungen den prätorianischen Dreiruderer. Bei jeder Gelegenheit finden wir V's Namen mit dem des Civilis vereinigt; jene scheint die Seele des Freiheitskrieges, dieser der Arm gewesen zu sein, den sie bewegte. Selbst die Jahrbücher der Feinde nennen beide nur mit einander, als hätte der Krieger nichts ohne die Seherin und die Letztere nichts ohne Ersteren vermocht. Die Anstrengungen der Gallier zur Wiedereroberung ihrer Unabhängigkeit wurden jedoch nur kurze Zeit durch den Sieg gekrönt. Der Bürgerkrieg im römischen Reiche nahm mit der Thronbesteigung Vespasian's ein Ende; dieser sandte Cerealis, einen im Kriege ergrauten Feldherrn, nach Gallien. Er schlug die Aufrührer wiederholt und zwang binnen kurzer Zeit sowohl Gallier, als Deutsche zur Unterwerfung. Hierbei sehen wir V. abermals eine wichtige Rolle spielen, da sich der römische Feldherr besonders an sie wandte, um in den empörten Provinzen die Ruhe herzustellen, worauf V., auf deren Verheißungen so viele Völker die Waffen ergriffen hatten, ihnen jetzt im Namen der Gottheit befahl, jene niederzulegen. Dennoch scheint es, als habe die Seherin ihre Mitbürger in späterer Zeit noch einmal zur Fahne der Freiheit gerufen, denn sie gerieth in römische Gefangenschaft und wurde von Rutilius Gallicus im Triumphe nach Rom geführt. Seitdem schweigt die Geschichte über Velleda. Sie lebte einsam, fern von dem Treiben der Menschen, und zeigte sich weder dem Volke, noch den Feldherren, denen sie ihre Mittheilungen durch besondere, nur mit diesem Amte beauftragte, Diener zukommen ließ. Ein hoher Thurm war die heilige Stätte, die sie bewohnte, und von welchem herab sie ihre Orakel verkündigte.

E. v. E.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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