Tugend

Tugend

Tugend, der göttliche Adel der menschlichen Seele, die einzige wahre Führerin durch die Irrgänge der Erdennacht, – das ernstliche, unausgesetzte Bestreben in unserer Brust, das Gute und Rechte um sein selbst willen zu thun und zu wollen. Die angestammte Schwäche der irdisch Geborenen, sowie das Schwankende und Veränderliche in den Begriffen von Gut und Böse selbst, werden die menschliche T. immer mehr oder weniger entfernt von der Vollkommenheit erhalten: – doch lehrt uns die christliche Religion, welche allein wahrhaft den Weg zeigt, auf dem man zur Heiligkeit der Gesinnung und des Wandels gelange: daß wir unser ganzes Wollen und Empfinden mit dem Willen Gottes als der höchsten Güte, in völlige Uebereinstimmung setzen sollen. – Sind die männlichen T'en um so trefflicher, je mehr sie als ein Erzeugniß der Erkenntniß und der Willenskraft erscheinen: so haben die weiblichen T'en um so höhern Werth, je mehr sie als unvorsätzliches Berlangen, natürlich, aus Herz und Seele entspringen, und so Geist und Körper unbewußt, unwillkührlich schmücken. Das Element aller weiblichen T'en aber ist die Sinnigkeit, welche das Schroffe und Heftige, das Starre und Männliche, was ihnen eigen sein könnte, mit leisem Dufte umhüllt. Abwärts von der Menge, vom Gewühl, in der Lauterkeit ihres Innern waltet der Frauen Sinnigkeit: – die Liebe zur Stille, welche nöthig ist, die leise Stimme der Seele zu vernehmen, das Zurückführen der Erscheinungen auf ihr eigenes Urbild im Bewußtsein, das Entzücken und Genießen in der kleinsten Blume wie im erhabensten Gegenstande. Auf diesem stillgrünenden Teppich blühen alle weibliche T'en harmonisch auf. Und so gleicht denn die tugendhafte Frau der unscheinbaren Mimose, die ihre Blätter bei der leisesten, störenden Berührung schließt, aber auch zugleich der kräftigen Ranke dunkelgrüner Hoffnungsfarbe, die ihre lichtblauen Himmelsblüthen liebend und hoffend, auf ein schönes Blühen deutend, selbst zwischen Schnee und Frost öffnet.

B.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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  • Tugend — Sf std. (9. Jh.), mhd. tugent, tugende, ahd. tugund(i), tuged, mndd. doge(n)t, mndl. doget Stammwort. Aus g. * dugunþi f. Tugend , auch in anord. dygđ, ae. duguþ, afr. dugethe. Schon seit alters an taugen angeschlossen, was wohl die… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Tugend — Tugend, 1) soviel wie Tauglichkeit, Vorzüglichkeit, Vortrefflichkeit; daher z.B. die heilkräftigen Wirkungen gewisser Pflanzen etc. bisweilen T en genannt, auch Thieren, namentlich den Pferden, T e zugeschrieben werden. Der wissenschaftliche… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Tugend — Tugend, der Etymologie nach soviel wie Tauglichkeit, Tüchtigkeit, dem jetzigen Sprachgebrauch nach insbes. diejenige Tüchtigkeit, Ordnung und Harmonie des geistigen Lebens, die auf der zur Gewohnheit gewordenen Betätigung der sittlichen Freiheit… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Tugend — ↑Arete …   Das große Fremdwörterbuch

  • Tugend — Tugend: Das westgerm. Substantiv mhd. tugent, ahd. tugund, niederl. deugd, aengl. duguđ gehört mit dem anders gebildeten schwed. dygd zu dem unter ↑ taugen behandelten Verb und bedeutete ursprünglich »Tauglichkeit, Kraft, Vortrefflichkeit«. Unter …   Das Herkunftswörterbuch

  • Tugend — 1. Ade, Tugend, hab ich Geld, so bin ich lieb. – Petri, III, 1. 2. Alle Tugend hat aufgehört, Gerechtigkeit ist auch zerstört; der Geistlich irrt, das Geld regiert, die Simonie hat die Welt verführt. – Sutor, 190. 3. Alle Tugend muss sich an den… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Tugend — Unter Tugend (herkömmlich: taugen im Sinne einer allgemeinen Tauglichkeit, lateinisch virtus, griech. ἀρετή, arete) versteht man eine Fähigkeit und innere Haltung, das Gute mit innerer Neigung (das heißt: leicht und mit Freude) zu tun. Im… …   Deutsch Wikipedia

  • Tugend — Freundlichkeit; Güte; Tugendhaftigkeit * * * Tu|gend [ tu:gn̩t], die; , en: a) <ohne Plural> moralische Untadeligkeit, vorbildliche Haltung eines Menschen: er, sie ist ein Mensch von unangefochtener Tugend. Syn.: ↑ Anstand. b) bestimmte… …   Universal-Lexikon

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