Troubadours

Troubadours

Troubadours. Das ganze Mittelalter erscheint dem liebenden Forscher wie ein Kreuzzug nach den Landen der Poesie. Denn was ist die Ahnung von fernen schöneren Küsten, was die Sehnsucht nach den Wundern des Morgenlandes, nach der Ruhestätte auf Golgatha, was das abenteuerliche Begehren nach einer romantischen Wanderung voller Gefahren und schwerer Kämpfe denn wohl anders als die Sehnsucht nach dem lieblichen Reiche der Dichtkunst? Dieses kindlich unbewußte, aber ahnungsreiche Begehren nach heiligen Wundern und Geheimnissen, welche ihren Brennpunkt hatten in der Sehnsucht nach der heiligen Stadt, ist das Grundelement jener phantastischen Jahrhunderte, in denen ritterlicher Gesang und minnigliches Ritterthum sich zur schönsten Blüthe entfalteten. Rings war der Himmel umthaut von blauen Fernen, lauter süßen, Lösung fordernden Räthseln, und im Hintergrunde glänzte stets das goldene Kreuz vom Octberg herüber wie ein Talisman auf die Purpurtoga des Orients. Zogen so die einzelnen Jahre jener Zeit gleich Kreuzfahrern in die Ferne, so mußten doch auch lächelnde Ruhepunkte sein inmitten der Fahrt, Darum einten sich die Ritter an Rasttagen auf dem Blachfelde zu lustigen Turnieren; daher erhoben sich am Abende der Tagereise mitten aus den Reihen der Psalmodisten mit Muschelhüten blumenbekränzte, leichtbeschwingte Sänger, die von des Lebens murmelndem Quell und von dem goldenen Augenblick lustige Liederchen sangen. Als solche fröhliche Weltsänger auf den Ruhepunkten der romantisch-mystischen, mittelalterlichen Kreuzfahrt erscheinen aber die T., jene Ritterdichter des 12. und 13. Jahrh. der Provence (s. d.), die in der weichen, romanischen Sprache dieser Provinz, der langue d'oc, die muntern Gefühle ihres lebendig pochenden Herzens sangen. Südfrankreichs Adel hatte sich im 11. Jahrh. durch Reisen und Bekanntschaft mit der arabischen Literatur, begünstigt durch das milde, herrliche Klima und einen von Natur raschen, für alles Schöne und Flüchtige empfänglichen Geist auf eine ungewöhnlich hohe Stufe der Bildung erhoben. Die Grafen von Provence, welche damals den prächtigsten Hofhalt in ganz Europa führten, versammelten um sich die talentvollsten Dichter des südlichen Frankreichs; kein Fest verging, das nicht durch Gesänge zur Harfe oder Laute verherrlicht wurde. Der glückliche Sänger erhielt selbst aus schönen Händen zum Preisgeschenk silberne Rosen, Veilchen und andere Blumen. So entstand unter dem gesammten Adel ein wahrer poetischer Wetteifer. Leichtigkeit der poetischen Erfindung war Haupterforderniß; stammt doch der Name T. selbst vom französischen trouver, finden, ab. In der Normandie hießen sie Trouvères, und die, welche zugleich Vorzügliches im Gesange und Lautenspiele leisteten, wurden auch Menetriers und Jongleurs, Spielleute, genannt. Zuweilen trat auch eine ernste, düsterphantastisch gekleidete Gestalt in den heitern Liederkreis, namentlich der berühmte Pilger Romeo von Provence, und hauchte einen heißern Athemzug voll Schwärmerei in inbrünstiger Begeisterung über die goldene, romanische Laute. – Durchgängig waren diese Weisen gereimt und bildeten 3 Hauptgattungen: die Canzonen, welche theils fröhliche oder klagende Liebeslieder (Sontas und Lais), theils idyllische (Pastourelles), oder religiöse und didaktische Lieder waren; ferner die Sirvendes, heroische Hymnen zum Preise großer Helden, Fürsten, Palatine etc.; und die Tenzonen (Tensons), scherzhafte Wettgesänge über Streitfragen der Galanterie, die von den Minnehöfen entschieden wurden. Neben diesen blühten noch die Aubades (Morgen-) Serenades (Abendständchen) und die Redondes mit ihren mühsam eingeflochtenen Refrains. Am schönsten duftete die provençalische Kunst am Hofe zu Arles im 12. Jahrh. unter dem Grafen von der Provence, Berengar III. Den Reihen der T. beginnt der als Sänger und Ritter gleich ausgezeichnete Wilhelm IX., Graf von Poitou und Herzog von Aquitaine (geb. 1071.) Vorzüglich würdigten die Sängerorden ihres Schutzes, außer vielen franz., spanischen und italienischen Grafen und Herren, an ihren Höfen der Kaiser Friedrich Barbarossa; Roger von Neapel; König Richard Löwenherz; und die Könige Alfons und Peter von Aragon. Unter den 200 T., deren Namen und Gedichte wir noch besitzen, nennen wir hier nur den Sordello von Mantua, welcher sich Dante's Beifall erwarb; Bertrand de Born, welcher in das romantische Labyrinth der Schicksale von Richard Löwenherz verwickelt war, und den gefeierten T, und Ritter Arnald von Maraviglia, dessen Andenken Fouqué wieder erneuerte in seiner echt provençalischen »Sängerliebe.« Als der letzte Provençale wird Jean Esteve de Blefières (um 1286) bezeichnet. Mit ihm erlosch der poetisch-ritterliche Wahlspruch dieses Ordens: » A Dieu mon àme, ma vie au roi, mon coeur aux dames, l'honneur pour moi«

S....r.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Troubadours — (spr. Trubaduhr, ital. Trovatori), die Ritterdichter des 12. u. 13. Jahrh. in Südfrankreich u. Nordspanien (während die in[872] Nordfrankreich Trouvères hießen), so genannt von der Kunst ihrer poetischen Erfindungen; auch Provençalen, weil sie… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Troubadours — (spr. trubaduhr), die provenzal. Kunstdichter, die im Gegensatz zu den Jongleurs (s.d.) nur zu ihrem Vergnügen bes. die lyrische Poesie ausübten; sie lebten, selbst dem Adel angehörig, meist an einem Hofe. Die Troubadourpoesie blühte von 1100… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Troubadours — Troubadour  Pour l’article homonyme, voir Troubadour (Los Angeles).  Bernart de Ventadorn, troubadour médiéval occitan manuscrit de musique troubadour du XIII …   Wikipédia en Français

  • troubadours — (12th and 13th centuries)    In the early 12th century, a group of courtly poets emerged in the south of France (the area known as Provence) composing love songs in Old Occitan. The basic concept of their poetry was the idea of fin’amors: a… …   Encyclopedia of medieval literature

  • TROUBADOURS ET TROUVÈRES — La forme poétique que Roger Dragonetti appela le «grand chant courtois» se constitua dans la France occitane durant la première moitié du XIIe siècle. À partir de 1150 1180, elle fut progressivement adoptée dans la plupart des nations… …   Encyclopédie Universelle

  • Troubadours und Trouvères —   Um 1100 legte Wilhelm, Graf von Poitiers, neunter Herzog von Aquitanien, die ersten Troubadourdichtungen in altprovenzalischer Sprache vor. Sie weisen bereits einen so hohen Grad an künstlerischer Vollkommenheit auf, dass sie nur den Endpunkt… …   Universal-Lexikon

  • Troubadours of Folk — Infobox Album Name = Troubadours of Folk Type = Compilation album Artist = Various artists Released = April 21, 1992 Recorded = 1960s 1980s Genre = Folk Singer songwriter Length = Five disks Label = Rhino Records Producer = Reviews = Allmusic:… …   Wikipedia

  • TROUBADOURS —    a class of poets who flourished in Provence, Eastern Spain, and Northern Italy from the 11th to the 13th century, whose songs in the Langue d Oc were devoted to subjects lyrical and amatory, and who not infrequently were men of noble birth and …   The Nuttall Encyclopaedia

  • troubadours — n. medieval European poet and musician; wandering singer; wandering musician; wandering poet …   English contemporary dictionary

  • Société des Troubadours de Marseille — La Société des Troubadours de Marseille est une goguette fondée à Marseille le 6 décembre 1809. Son règlement en vers et en chanson, ainsi qu une liste de ses membres ont été conservés. Les informations sur cette goguette sont contenues dans l… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”