Palais royal

Palais royal

Palais royal. Durchreist man die Hauptstädte Europa's, so wird man Paläste und Denkmäler in Menge, aber nirgends ein Palais royal oder etwas ihm Aehnliches finden. Dieser von Richelieu 1663 erbaute Palast ist der Mittelpunkt von Paris und bildet mit seinem Garten, Arkaden, Höfen und Galerien den Vereinigungspunkt aller Lebensgenüsse der Weltstadt. Ludwig XIV. schenkte ihn seinem Bruder Orleans und noch jetzt gehört er zu den Besitzungen dieser Familie, welche durch Vermiethung unzähliger Lokale an Kaufleute, Cafetiers etc. einen großen Gewinn daraus zieht. Auch das Théàtre français hat hier seinen Sitz aufgeschlagen. »Der Fremde, welcher das Ganze in seinem vollen Glanze erblicken will, trete zuerst an einem schönen Sommerabende in den Zaubergarten ein. Die Hitze hat dann alle Alleen mit Spatzierenden gefüllt; die steinernen Bänke sind schon besetzt und ihnen gegenüber erwarten Reihen von Stühlen, an die Gitter zweier Rechtecke gelehnt, deren grünender, von Blumen umkränzter Rasen den in der Mitte auf Piedelstats erhobenen Büsten Dianens und Apollo's zum Teppiche dient, gegen eine kleine Vergütung die nach und nach Ermüdenden. Andere Stühle umgeben das Bassin, das beide Auen trennt und aus welchem ein bedeutender Strahl empor steigt. Die weiter unten sitzenden Gaste, Männer und Frauen, erhellt eine Menge grüner Leuchterstühle, deren Platten mit pyramidalischen, verschiedenfarbigen Spiegeln bedeckt sind, in denen der silberfarbene Lichtschein tausend Strahlenwinkel entstehen und wieder verschwinden läßt. Die Gruppen, die lärmenden Gespräche, das Lachen der Feinschmecker, das Rufen und Eilen der sie bedienenden Kellner, die blühenden Gesträuche, deren Büfets die Seitenbegrenzungen der Erfrischungssäle ausmachen, der glänzende Widerschein der Rotunde, die einem orientalischen Kiosk gleicht, das ununterbrochene Bewegen der hier mehr wie irgendwo versammelten Menge, die geht, kommt, sich kreuzt, und im wahren Sinne des Wortes kreist, bildet ein malerisches und belebtes Schauspiel. Sobald Kühle eintritt, verschwindet alle diese Bewegung, aber sie ändert nur den Ort; in der Galerie, welche eine Welt von Spatziergängern unter ihrer weiten Kuppel von Krystall einschließt, findet man sie wieder. Mehr als 200 Strahlen eines eben so klaren als reichlichen Gas-Lichtes, milder, gleicher und lebhafter als jedes andere, zeigen die Wölbungen einer gleichen Anzahl von Bogen und schütten einen Tag aus unter den Hallen. Zu dieser Helle gesellt sich noch die der Magazine, durch zehn Mal mehr Ausgänge schlüpfend; sie gleitet, breitet sich aus und strahlt auf die Waaren, wo alles Gold, Stahl, Silber, Seide, Krystall oder kostbarer Stein ist; tausend Strahlen springen hervor und werden von Ebenholzflächen oder Spiegelwänden zurück geworfen, denn die Zahl der Spiegel, die in allen Stockwerken Wände bilden, ist unermeßlich. Der geblendete Fremde fragt sich, ob vom Erdgeschoß bis zum Gipfel des Palais royal ein Marktplatz sei, und ob ein verborgener und unsichtbarer Theil in demselben bestehe, wo seine Bewohner des süßen Schlummers sich erfreuen? In der That die Industrie hat Alles in diesem Palaste erschöpft; über den Magazinen besteht das erste Stock aus Bade-, Spiel-, Erfrischungs-, Billard-, Rauch-, Lese- und Wechselsälen; die obern Etagen scheinen Künstlern jeder Art zu gehören, Malern, Kupferstechern, Zahnärzten, Haarkräuslern etc. Keine geschäftslose Familie würde hier wohnen können, oder sie müßte auf häusliche Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten, auf die Reize innerer Einrichtung und auf das Vergnügen zu Hause zu sein, ganz Verzicht leisten. Im Gegentheil, der Bewohner ist dort selbst an einem öffentlichen Orte, er macht sich, so zu sagen, dünner und kleiner, um der Waare und den Käufern mehr Platz zu lassen; er ist nicht dort um zu leben, nein, um zu verkaufen. Welche Sparsamkeit! welche Noth um den Besitz des geringsten Raumes! Das einzige Vorrecht Stuhle heraussetzen zu dürfen, bringt dem Besitzer jährlich 23,000 Fr. ein. Alle Magazine dieses reichen Palastes sind für Gegenstände des Luxus und glänzenden Ueberflusses. Die Miether scheinen von den Parisern nur hingesetzt, um vor den Augen der Fremden Alles das auszubreiten, was der Geist Geschmackvolles erfunden hat, was die wachsende Kultur Schönes, Erwähltes und Liebliches hervorbringt, das Vollkommenste, was die Künste jeder Art leisten. Handel, Mode, Jahreszeit und selbst die Stunden eilen fortwährend von Magazin zu Magazin, um das Neue jeder Gestaltung zu bringen, und das Palais royal ist in jedem Augenblicke eine Schule des Geschmacks für alle Kaufleute der Welt.«

–u–


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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