Holtei, Luise von

Holtei, Luise von

Holtei, Luise von, geborne Rogée, eine der liebenswürdigsten deutschen Schauspielerinnen, geb. den 1. Dec. 1800 in Wien. Die Schauspielerin Mad. Pedrillo nahm die 8jahrige Waise an Kindes Statt an, ging mit ihr nach Berlin und widmete sie dort der Bühne, die das 14jährige Mädchen zum ersten Male im »Jacob Spleen« und dem Lustspiele »welche ist die Braut?« betrat. Das Wolf'sche Ehepaar vollendete die Ausbildung der jungen Künstlerin, die bald in allen zartfühlenden, naiven, kindlich-heitern Rollen der Liebling des Publikums wurde. Ihre »Asla« im Yngurd, »Melitta« in Sappho und »Gurli« waren herrliche Leistungen. Nichts ging über den Wohlklang, die seelenvolle Melodie ihres Organs, ihren mimisch schmerzlich schönen Ausdruck. Sie verließ im October 1820 die Bühne und vermählte sich im Februar des folgenden Jahres mit dem Dichter Karl von Holtei. Bald aber erwachte die Neigung zum Theater in ihrer Brust von Neuem. Sie betrat die Breslauer Bühne im Mai 1821 und blieb zwei Jahre lang die Zierde derselben. Im Juni 1823 verließ sie, zum Schmerz Aller, Breslau mit ihrem Gatten und kam auf einer Kunstreise von Wien nach Hamburg, als Gast durch Berlin. Wie sie hier als Margaretha in den »Hagestolzen,« als »Gurli« u. s. w. aufgenommen wurde, ist in Berlin noch frisch im Andenken, und nach ihren Gastrollen wurde sie zum zweiten Male für die Berliner Hofbühne gewonnen. Erst 1821 trat sie fest in ihr Engagement, das ein bleibendes sein sollte. Sie hatte die Kunsthöhe erreicht, es war dieß die Zeit ihrer Blüthe. Hier errang sie den unvergeßlichen Kranz als »Käthchen von Heilbronn,« das auch der Schwanengesang ihres Bühnenlebens geworden ist. Sie spielte das Käthchen, wie es sich der Dichter gedacht, wie er's tief empfunden. – Doch ihr war bestimmt, in der Blüthe des Lebens und Wirkens von der Erde zu scheiden. Zwar auf dem Krankenlager, doch ohne Ahnung des Todes starb sie schnell und schmerzlos am Abend des 28. Januar 1825. Selten folgten einer Schauspielerin solche Liebe, solche Thränen, zugleich der Künstlerin und ihrer Persönlichkeit. Ihre liebliche, jugendliche Erscheinung mußte für sie einnehmen, ihr anspruchloses Wesen hätte selbst Feinde versöhnen müssen, wenn sie deren gehabt; glückliche und liebevolle Gattin und Mutter, dienstgefällig und bescheiden in ihren Verhältnissen, entging sie dem Neide, ja selbst der üblen Nachrede. Jedermann wußte nur Gutes von ihr. Ihre ganze Persönlichkeit ging in ihr Spiel über. Anspruchlosigkeit, tiefes Gefühl, weibliche Innigkeit und das aufopfernde sich Hingeben in den Geist der Rolle charakterisirten ihr Spiel. Als »Margarethe« in Göthe's Geschwistern brachte sie neues Leben in das nie alternde Drama. Die Innigkeit und das seine Gefühl, mit welchem sie in ihres Gatten Lustspiele »die Farben,« auftrat, würden vom tiefsten psychologischen Studium zeugen, müßten wir nicht annehmen, ihr Genius habe ihr hier das Rechte gezeigt. Was Göthe einst einer in der Jugendblüthe geschiedenen Schauspielerin nachsang, gilt auch von ihr:

»Andere kommen und gehen; es werden uns Andre gefallen,

Selbst dem großen Talent drängt sich ein größeres nach;

Aber nie vergessen wir Dich.«–

Einige schreiben die Ursache des Todes von Luise v. Holtei einer nächtlichen Fahrt von Potsdam nach Berlin, Andere einem organischen Fehler zu. Die Theilnahme der Berliner, besonders aber ihrer Kunstgenossen, sprach sich auf eine rührende Weise aus. Kein Auge blieb bei der Nachricht ihres Todes trocken. Ihr Gatte ehrte auf tiefgefühlte Weise ihr Angedenken. (S. »Blumen auf das Grab der Schauspielerin Luise v. Holtei,« Berlin, Vereinsbuchh.)

–n.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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