Genien (Mythologie)

Genien (Mythologie)

Genien (Mythologie). Wie die Griechen ihre Dämonen (s. d.), so hatten die Römer ihre Genien. Im Allgemeinen waren es Schutzgeister, die den Menschen auf der rauhen Lebensbahn geleiteten, ihn behüteten und rettend durch Drangsale und Gefahren führten. Die Genien der römischen Frauen hießen Junonen, die Sclaven schwuren bei dem Genius ihrer Herren, die Sclavinnen bei dem ihrer Gebieterin. Dem guten, weißen Genius stand ein böser, der schwarze Genius gegenüber, welchem der kleingläubige Mensch das Mißgeschick, welches ihn betroffen, und das häufig aus seiner eigenen, kurzsichtigen Handlungsweise hervorging, gern und um einen Trost oder eine Selbstentschuldigung zu finden, beimaß. Der Glaube an Genien entstand aus der Ahnung einer allwaltenden, helfenden und strafenden Gottheit, die menschliche Phantasie suchte diese Ahnung zu personifiziren. War Jemand vom Pfade der Tugend gewichen, hatte er das Selbstvertrauen, das richtige Ziel verloren, so sagte man: sein guter Genius ist von ihm gewichen. Es ist dieser Glaube der Alten bei uns in den Sprachgebrauch übergegangen, wir sprechen von einem Genius der leidenden Menschheit, von dem Genius der Freundschaft und Liebe, von dem bösen Genius, der den Menschen zur Unthat verführt etc. Der Genius unserer Thaten und Begegnisse aber ist der eigene Wille, die Verblendung, der Zufall, das Walten des Geschickes. – Die Alten verkörperten die Genien, und wir sehen sie als geflügelte Knaben, gleich den Amoretten, oder als Jünglinge in Sterngewändern, mit Blumen geschmückt, abgebildet. Schon Sokrates lehrte das Dasein eines guten und bösen Genius; er behauptete, sein Genius sei ihm sichtbar erschienen und habe ihm alle die Weisheitslehren, die er verbreitete, offenbart. Wahrscheinlich wollte Sokrates durch seinen Genius nichts Anderes andeuten, als was wir noch heute Genius nennen; die den Begabten inwohnende Veredlung und Vervollkommnung unserer intellectuellen Wesenheit, das Ausströmen jenes in uns thätigen, gottgebornen Geistes, der den Künstler für seine Ideale entflammt und uns in der schwachen Menschenhülle Werke der Unsterblichkeit vollbringen läßt, den Gott in uns, ohne den wir den Gott außer uns nie empfinden und erkennen lernen. Die Genien der Muhamedaner Genn oder Gien sind Wesen, minder mächtig als Engel und Teufel, Schutzgeister mit ätherischen Leibern, feuergeboren, die Gott vor Adam erschuf und mit denen er die Erde bevölkerte, bis sie später nach Ginnistan, dem persischen Dschinnistan (das selige Feen- und Zauberland) versetzt wurden.

–ch–


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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