England (Geographie)

England (Geographie)

England (Geographie). Albion, den Karthagern und Phöniziern schon 1000 Jahre vor Chr. bekannt, das Meere beherrschende, gewaltige, bildet den größern Theil einer Insel, die mit dem Namen Großbritannien belegt wird, durch den Canal La Manche vom Continente, durch den Georgscanal von Irland getrennt ist; das Vaterland des stolzen Briten, der schon bei Nennung desselben den begeisterten Ausruf: old England for evver! oder Rule Britannia ertönen läßt. England ist zu Folge seiner intensiven Kräfte, seiner großen Bevölkerung auf verhältnißmäßig geringem Raum, seiner Kultur, seiner Großartigkeit in allen materiellen. scientifischen und zum Theil artistischen Unternehmungen, das merkwürdigste Land Europa's. – Seiner Industrie kommt kein anderes Reich der Erde gleich; seine Flotten durchkreuzen alle Meere und ihre Flaggen erwecken eine Ehrfurcht, die selbst da, wo die Ehre nicht im Spiele sein durfte, doch noch Furcht erregt; seine Kolonien sind ungeheuer und gewinnen täglich an Ausdehnung; sie sind ungebildete Riesen, die ein Zwerg (das Mutterland) aus der Ferne durch sein geistiges Uebergewicht beherrscht; seine Institutionen eben so sonderbar als freisinnig, weisen dem Lande auch als Staat eine ganz eigenthümliche und imposante Stellung an. England ist das Land der Fabriken, der Sonderbarkeiten, der schreienden Armuth neben gewaltigem Reichthum, der feinsten Kultur neben plebejischer Rohheit: das Land der Fortschritte, hangend an rostigen mittelalterlichen Fesseln, das Land der Riesenunternehmungen, des tollkühnen Speculationsgeistes, das Land der Kauf- und Seeleute, der amazonenhaften, forcirt-decenten Ladys, der schwelgerischen Lords, der Dandys, des John-Bulls, der Carikaturen. – Seine Lage ist seine Macht, seine Nationalität, sein Ruhm. – Wir sprechen in geographischer Hinsicht hier bloß von Altengland und verweisen in Betreff Schottlands, Irlands, der Inseln, Kolonien etc. auf die bezüglichen Artikel. – Englands Boden ist ein fettes Wiesengrün, voll herrlicher, schön eingezäunter Felder, hie und da von Parks durchschnitten, von Hügelketten durchzogen. Ueberall herrliche Straßen, geschmackvolle Landhäuser, schön gebaute Dörfer, stattliche Kirchen: Alles verschönert durch die Kultur, Alles verfeinert; das Alte ehrwürdig, das Neue lebenskräftig. Der Flächenraum des Landes beträgt 2728 Quadrat Meilen, die Zahl der Einwohner ohne vie Inseln 13,950,000, von denen auf London allein 1½ Mill. gerechnet werden. Die merkwürdigsten Gebirge, welche zwar nicht auffallend durch ihre Höhe, doch zuweilen auch rauh, steil und felsig, das Land in verschiedenen Richtungen durchziehen, sind 1) im Süden die von Cornwall: Granit, reich an Kupfer, Eisen, Zinn; 2) im Norden das Peakgebirge: Granit und Schiefer, reiche Steinkohlenlager, rauh mit vielen Felsspitzen und Abgründen; 3) das Cheviotgebirge, die Grenze gegen Schottland. – Der höchste Berg ist der Wharnside, 4062 Fuß über der Meeresfläche. Zahlreiche Vorgebirge bilden zahlreiche und sichere Buchten. Die bedeutendsten Flüsse, welche an ihren Mündungen treffliche Hafen bilden, sind: die Themse, der Humber, die Severne und die Mersey. Die Themse hat keine hohen Ufer, einen ruhigen Lauf und ist ununterbrochen schiffbar: die Severne, schiffbar, mit hoher Fluth an der Mündung, fließt durch reiche und üppige Provinzen. – England hat wenig große Seen; nur das Winandermeer in der Grafschaft Lancaster, 5 Stunden lang, an manchen Stellen 200 Fuß tief, mit 17 Inseln, grünen Hügelufern, mit vielen Forellen, Lachsen und Karpfen in seinem Gewässer, der Darwentwatersee, 2 Stunden lang, mit 5 waldigen Inseln, von wilden Bergpartien amphitheatralisch umgeben und in der Nähe des schönen Wasserfalles von Lodore; endlich der Ulles-Lake, 3 Stunden lang, von Gehölz und Felsenufern begrenzt, sind bedeutend. – Englands 4 Hauptströme werden durch 4 große Canäle verbunden, so daß die bedeutendsten See- und Fabrikstädte in bequemer Wasserverbindung mit einander sind. Der Bridgewatercanal, der an einer Stelle sogar 150 Fuß hoch über einen Fluß führt, ist 30 engl. Meilen lang, der Großtrunkcanal 100, der von Liverpool nach Leeds 129, und der von Oxford 119. Ein Theil des Tavystockcanals geht 1½ engl. Meilen durch einen Hügel und ist an vielen Stellen 400 Fuß tief unter der Erdoberfläche. – England, zwar im nördlichen Theile der gemäßigten Zone gelegen, aber überall vom Meere umgeben, hat eine sehr feuchte und veränderliche Witterung, einen meistens trüben, wolkenumzogenen Himmel. Das Klima ist aber dabei sehr mild, selten hält der Frost langer als 24 Stunden an. Trotz der Fruchtbarkeit des Bodens und des trefflichen Anbaues ist bei der Größe der Bevölkerung die Einführung einer Menge von Getreide, jährlich im Durchschnitt für 8 Millionen Pfund, nöthig. – Der Gartenbau ist sehr bedeutend: Spargel, Artischoken, Rüben, Kohl, Salat etc. werden in den feinsten Sorten gezogen. Obst gibt es wenig, der Hopfen ist vortrefflich, die Kartoffel, zu erst von Walter Raleigh hierher gebracht, bildet das Hauptnahrungsmittel der ärmern Klassen; es gibt viel Lein, Hanf, Tabak, Waid. An Brenn- und Bauholz ist Mangel. Jenem wird durch die reichen Steinkohlengruben, diesem durch Einfuhr aus dem Auslande abgeholfen. Die dichten Waldungen sind größtentheils verschwunden, man hat sie nach und nach in Parks umgewandelt, deren es über 750 gibt. Die Viehzucht wird durch die schönsten Wiesen- und Weideplätze begünstigt; man rechnet auf die 3 vereinigten Königreiche 1,800,000 Pferde, 10 Mill. Stuck Rinder, 42 Mill. Schafe. Pferde und Schafe sind sehr veredelt; die englischen Renner sind weltberühmt, die feinwolligen Schafe stehen nur den spanischen Merinos nach. An Geflügel ist überall Ueberfluß, die Küsten und Inseln liefern viele Seevögel. Es gibt 40 Gattungen Fische, darunter besonders viele Lachse, Forellen, Aale, Karpfen, Hechte etc.; Häringe werden jährlich an den westlichen Küsten in großer Menge gefangen. Die Austernbänke sind reichhaltig. – Der Bergbau ist wichtig und namentlich ergiebig an Kupfer, Zinn, Blei, Eisen, Graphit, Alaun, Vitriol. Steinkohlen gibt es in ungeheurer Menge; einige Steinkohlengruben laufen weit unter dem Meere hin; Reisblei liefern die Gruben jährlich 10–15,000 Centner, weßhalb sie nur alle 7 Jahre geöffnet werden. Nicht selten sind Edelsteine als: Topase, Carneole, Achate, Amethyste; man bricht viel Marmor, Alabaster, Serpentinstein, auch wird sehr viel Porzellanerde gegraben. Keine andere Nation ist im Stande, mit den britischen Manufakturen hinsichtlich der Wohlfeilheit und Solidität ihrer Erzeugnisse zu wetteifern. Ihre technischen Kenntnisse und Fertigkeiten übertreffen alle Anderen. Die Anzahl der Maschinen geht in's Unendliche. Für die Großartigkeit des Handels ist schon durch die Lage des Landes gesorgt; durch seine Hafen steht es nach allen Richtungen hin mit den Ländern der Erde in Verbindung. Wenigstens 3,000,000 Menschen leben vom Ertrag der Manufakturen. Die wichtigsten Manufakturen sind in Wolle, Baumwolle, Metallwaaren, Steingut etc. Die englischen Eisenwaaren sind die trefflichsten von der Welt. Die berühmtesten Nähnadeln werden zu Redditch verfertigt, die besten Scheren zu Salisbury. In den Wollmanufakturen arbeiten 500,090 Menschen, in den Leinwandmanufakturen 400,000. Das Porzellan und Fayence von Staffordshire zeichnet sich höchst vortheilhaft aus. Berühmt sind die Papier- und Glasfabriken. Letztere liefern das schönste Spiegel-, Krystall- und Tafelglas, welches in der Qualität nur von dem böhmischen übertroffen wird. Zahlreich sind die Zuckerraffinerien, Uhrenfabriken und Juwelier-Arbeit-Manufakturen. England hat die größten Bierbrauereien in der Welt; sein Ale und Porter wird selbst weit in's Ausland, ja nach fernen Welttheilen verführt. Zu den 80 Hafen sind bedeutende Schiffswerfte, wo der Schiffbau im Großen getrieben wird. Den merkantilischen Verkehr befördern noch viele Banken, Handelsgesellschaften (darunter die ostindische Compagnie: eine europäische Macht), Actienvereine, Assekuranzen etc – Alles ist hier riesig, Alles in einem größern Maßstabe als auf dem Continent angelegt; wir erinnern nur an die Canäle, Eisenbahnen, Bauten, den Themsetunnel etc. Die trefflichen Kunststraßen, die Dampfbote, Dampfwagen, Posten etc. geben dem Verkehr einen außerordentlichen Umschwung. England hat nach allen Seiten hin vortheilhafte Handelsverträge, und auf allen bedeutenden Handelsplätzen Consulate. Die Anzahl der Kauffahrteischiffe beträgt über 30,000 und dennoch vermehrt sich ihre Zahl von Jahr zu Jahr. In einem Lande, wo Theurung, Luxus, Industrie, Stolz vorherrschen, nimmt natürlich der Reichthum die oberste Stufe ein. Er gibt Rang und Ansehen. Der Engländer fragt deßhalb nicht: »Ist dieß ein Mann von Geist und Charakter oder ist er von Adel?« sondern: »Was ist der Mann werth? Wie viel besitzt er?« – Der Luxus der Reichen zeigt sich besonders in Landhäusern, Equipagen, Badereisen, Wetten, in kostbaren Sammlungen verschiedener Kunsterzeugnisse. England ist das Land des Sonderbaren und Bizarren. Alles strebt darnach, sich dadurch auszuzeichnen. Die französischen Moden, die man nachahmt, müssen forcirt werden, um zu gefallen. Die Modesucht ist vielleicht eben so groß, wie in Frankreich. Nie kann man an den Kleidern die verschiedenen Stände unterscheiden. Der Bediente tragt einen Rock von demselben Schnitt, von derselben Farbe, wie der Lord; die Kammerjungfer wetteifert mit der Lady. Der Engländer ist stolz, verachtet das Ausland, und bleibt, selbst wenn er es kennen gelernt, für dessen Vorzüge blind. Schon dem 5jährigen Kinde wird eingeredet, daß England das erste Land der Welt, und seine Nation die größte sei. Großmuth kann man ihnen im Allgemeinen nicht absprechen; ausgezeichnet sind sie aber durch ihren Gemeingeist, durch ihr Festhalten an gemeinnützigen Interessen. Neben den trefflichsten Institutionen haben sie veraltete und abgeschmackte Gesetze, aber sie hangen an ihnen, wie an Privilegien, mit eiserner Beharrlichkeit. Stets will der Engländer mehr scheinen, als er ist, weil das Besitzthum Maßstab der Werthschätzung ist, so gibt er dieses gewiß immer größer an, als dasselbe in der Wirklichkeit beträgt. – Sie zeichnen sich durch stumme Verschlossenheit, in Gesellschaften durch Langeweile und Einsylbigkeit aus. Nur Politik macht sie beredt und ein Trinkgelag. Ihre Phantasie hat immer eine speculative Richtung; ihr Gemüth geht unter in den ewigen Sorgen um Gewinn und Verlust. Sie lieben aber das Großartige, ehren das Genie und unterstützen erhabene Leistungen. Uebertrieben ist ihre Pferdeliebhaberei; ihre Neigung zum Wetten, zur Jagd, artet in Leidenschaft aus. Die barbarische Sitte des Boxens, die Hahnenkämpfe etc. entzücken sie. In der dramatischen Kunst lieben sie grelle Effekte; sie reisen gern, aber nur selten mit Nutzen; sie sind tapfer, ausdauernd; keine Nation, wie die englische, hat so viele Weltumsegler und Länderentdecker aufzuweisen. Ihr ewiger Thätigkeitstrieb läßt sie selten die Freuden des gemüthlichen Familienkreises genießen; ihre freien Stunden bringen sie in Kassehäusern, Restaurationen, Tavernen und politischen Klubbs zu. – Empfindsamkeit findet man in England selbst bei den Frauen selten; die Familienbande sind nur locker geschlungen; der Sonntag ist ein stiller Tag, nur zur Andacht, nicht zur Freude und Erholung bestimmt, aber die Woche von Weihnachten bis zum heiligen Dreikönigstage ist für Jung und Alt eine Reihe von häuslichen Festen. Für den Seedienst sind alle Briten eingenommen; er gilt für eben so vortheilhaft wie ehrenvoll. – Ihre großen Gesellschaften Routs (s. d) sind im buchstäblichen Sinne nichts als Verwirrungen und Gedränge ohne heitere, gesellige Unterhaltung; auf den Bällen und Maskeraden gehen Männer und Frauen still und schweigsam wie Automaten auf und ab. Ihre Trinkgelage endigen mit wilder Ausgelassenheit, ihre Spielsucht ist eben so leidenschaftlich, als verderblich. Der Brite ist muthig, unternehmend bis zur Tollkühnheit, unempfindlich gegen Schmerz und Entbehrung, nie kleinmüthig im Unglück, aber leicht zum Selbstmorde geneigt. Er bewundert die Wissenschaft des Gelehrten, aber er ehrt ihn deßhalb nicht; er ehrt nur den reichen Mann, den großen Parlamentsredner, den kühnen Seehelden. Alle diese Eigenschaften im Vereine haben den Briten, wenn auch nicht den Namen der moralischesten, so doch den einer der größten, intelligentesten Nationen erworben.

–n.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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