Deutschland (Kochkunst)

Deutschland (Kochkunst)

Deutschland (Kochkunst). (Kochkunst.) Welchen Einfluß der Charakter und die Sitten eines Volkes auf die Wahl der Speisen und deren Zubereitung ausüben, wird in dem Artikel Kochkunst ausführlicher beschrieben. Hier sei etwas über den frühern und jetzigen Zustand der deutschen Küche gesagt. So lange ein Reich bestanden, so alt ist dessen Kunst, die Speisen zu bereiten. Doch während Griechen und Römer diese Zubereitung ihrer Mahlzeiten als eine wichtige Sache betrachteten, das Geschäft des Kochens zu einer Kunst erhoben und lange Bücher darüber schrieben, begnügten sich die derben, ehrlichen Deutschen noch mit der einfachsten Kost. Von der Art zu speisen bei unsern Vorfahren gibt uns Tacitus die zuverlässigste Nachricht, indem er sagt, »daß man bei den Deutschen seiner Zeit gar keine römischen Delikatessen gekannt, und sich meistens mit rohem Wildpret, Holzäpfeln und Milch begnügt habe.« – Erst später, als die Deutschen mit andern civilisirten Nationen bekannt und zur Nachahmung ihrer Sitten geneigter wurden, verfeinerte sich ihre Kochkunst. Doch immer noch der Einfachheit getreu, sehen wir, wie die Berichte aus dem 14,15. und selbst noch aus dem 16. Jahrhundert ergeben, sogar fürstliche Tafeln, bei Hochzeiten und Taufen auf eine Weise besetzt, der sich hundert Jahr später jeder vornehme Bürger bei solchen Gelegenheiten geschämt haben würde. Doch so langsam es bis dahin mit der Verfeinerung der deutschen Küche gegangen, so rasch ging es im 17. Jahrhundert. Diesen auffallend schnellen Fortschritt in der Kochkultur verdanken wir unstreitig den Franzosen, welche damals nicht allein für Deutschland, sondern fast für ganz Europa die Muster waren; und so nöthig es uns früher gewesen sein mag, einige Verfeinerungen in der Küche vorzunehmen, so sehr ist es zu beklagen, daß diese Sucht der Nachahmung keine Grenze gefunden. Man nehme ein deutsches Kochbuch jetziger Zeit zur Hand, und untersuche, wie viele der darin beschriebenen Speisen vaterländischen Ursprungs sind? Gewiß finden sich mehr französische als deutsche Gerichte, und auch die englische Küche wird oft geplündert, ein deutsches Gastmahl zu vervollständigen. Geht man von dem Grundsatz aus, daß die Kochkunst jedes Landes der Denk- und Sinnesart der Nation entspreche, so finden wir ihn auch bei der deutschen Küche in ihrer ursprünglichen Gestalt bewährt. Einfach, kräftig, den Hauptzweck, sich auf eine gesunde Art zu nähren, nie aus den Augen verlierend, kann sie in solcher Form als edle Mittelstraße zwischen roher und überfeiner Zubereitung der Speisen betrachtet werden. Und wohl dem Haushalt, welcher auch in diesem Punkt der edlen deutschen Sitte treu bleibt! – Die deutsche Küche zerfällt in drei Hauptabtheilungen, in süddeutsche, mitteldeutsche und norddeutsche. Eine jede derselben zeichnet sich durch besondere Nationalgerichte, aber auch durch verschiedene Zubereitungsweisen aus; und in keinem Lande findet man diese so von einander abweichend, als in unserm Vaterlande, wo fast jedes kleine Fürstenthum seine eigene Kochmethode hat.

L. M.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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