Charakter (weiblich)

Charakter (weiblich)

Charakter (weiblich), – weiblicher. – Wie die Natur die Erdensorgen getheilt hat, sonderte sie auch die Kräfte für sie. Alles soll zu einem schönen Ganzen wirken, ein Ganzes sollen die strebenden Kräfte bilden. Ein Körper – steht die irdische Schöpfung da, dessen Haupt der Mann, dessen Herz das Weib ist. Der zartere, kleinere Theil ist deßhalb nicht der geringere. Vom Herzen strömt das lebentragende Blut in alle übrigen Theile des Leibes; ein Druck am Herzen – und das schöne, rege, gesunde Leben geräth in Stockung; ohne Herz kein Leben. Vom Haupte, als dem Sitze des Geistes, gehen Licht und Schatten über die Welt der Erscheinungen aus, die sich im Herzen erzeugen. Einig sei das Menschenleben! Gleichwie aber die Leidenschaft, ein Kind des Gemüthes, nie die leitende Hand des Verstandes fahren lassen darf, ohne zu straucheln: so darf auch im großen Körper des Menschenlebens das Weib, als dessen Herz, nie des Hauptes Führung von sich weisen, wenn nicht Störung eintreten soll. Es ist hiermit gesagt, daß im Gemüthe der Gesammtwerth des Weibes, das Gemüthsleben, sein Charakter sei. Je treuer und heiliger die Ausbildung des Herzens betrieben wird, desto näher kommt das Weib seinem Berufe, desto klarer unterscheidet es sich vom Manne, desto deutlicher tritt der von der Natur angewiesene Charakter heraus: und so dürfte jenes Weib das liebenswürdigste sein, welches sich am weiblich reinsten charakterisirt und jenes Land das hierin glücklichste heißen, dessen Frauen im Allgemeinen dieses zarte Gepräge des Gemüthes an sich tragen. Dr utsch land, wir dürfen es mit Stolz aussprechen, ist dieses Land; die deutschen Frauen sind es, deren Charakter dem Normalwesen, dem Typus des Weibes, am nächsten steht. Der allzu leichte Elfentritt der Französin (ich spreche im Allgemeinen) leidet selten jenen Gang des ehelichen Verhältnisses, der zum wahren häuslichen Glücke führt; man findet zwar in Frankreich, selbst im frivolen Paris, der guten Menagen viele, aber wenig gute Ehen, denn so sparsam die Französin mit Geld und Gut, so verschwenderisch ist sie im koketten Austausche von Galanterien. Das äußere, in die Augen fallende Leben ist ihr Alles; das innre, edlere, höhere, Wenig oder Nichts. – Die Ungebundenheit der Italienerin, ihre schrankenlose Natürlichkeit und Männlichkeit lassen an kein reines Seelenbündniß denken. Das Kloster erzieht sie nicht für ein Leben, wie es ist; und tritt sie in dasselbe, sinkt sie oft beim ersten Schritte der Verführung, deren Sirenenstimme sie nie gehört, unwiderstehlich hingezogen in die runden Arme; ja, es zerstören an ihr Klima und Landessitte, was sie an Zartgefühl erübrigt. – Der Spanier und Portugiese verzehren sich am herrischen Sinne ihrer Gebieterin und schmachten in Eifersucht dahin. So (im Allgemeinen) im Süden. Der Bewohner des Nordens, kräftiger, strenger, redlicher – beherrscht das Weib, ohne es eben zu tyrannisiren, jedoch meist weiß er an der besten Frau nicht viel mehr als die emsige Magd zu würdigen und zu fordern. Amerikanerinnen, Engländerinnen, Russinnen, Schwedinnen u. s. s. sind gute, wackere Hausfrauen, aber etwas steriler Gemüthsart. – Für den Morgenländer endlich ist das Weib – die Natur selbst schien dieses Gesetz gegeben zu haben – eine früh aufknospende, schnell verwelkende Blume. Er sammelt deren in Menge, labt sich oder schwelgt vielmehr an ihrem leicht verwehten Dufte, und ersetzt ihr Absterben mit immer frischen Blumen, den Abendländer bedauernd, daß er dem Weibe Vertrauen, ja Treue zolle, nicht begreifend, daß er dasselbe nicht gleich ihm, Falschheit befürchtend, einkerkere, und als Sklavin behandle. Er weiß am Weibe nicht das Höhere, an seiner Wesenheit wenig mehr als die Körperschönheit zu achten. – Nur der Deutsche (versteht sich, eben so allgemein gesprochen nur) ist geeignet für häusliches Leben, für häusliches Glück, weil nur ev für Glauben an weibliche Redlichkeit Sinn hat, Geschmack an friedlicher Einförmigkeit mit der schönen Gabe vereint, oder wenigstens im nöthigen Grade verbindet, sich selbst zu genügen, nach innen zu leben und auch in beschränkten Kreisen sich heimisch und zufrieden zu fühlen. Seine gesammte Wesenheit wie sein gemäßigtes Klima unterstützen ihn hierin. Wenn der alte Germane, wie Klopstock sagt, in seinen Wald zurückkehrte, bedeckt mit dem Staube der Salacht, begleitet vom Liede des Ruhmes, und ihm das Weib mi, aller Innigkeit an die kräftige Brust sank: da, glaube ich, lag die Achtung, ein Säugling noch, am nahrungreichsten Quell; diese Achtung wußte sich das deutsche Weib zu erhalten. Achtung für Frauenehre wohnt unter uns, wie einst im Schatten der Eichen, jetzt in volkreichen, reinlichen, wohlhabenden Städten.

B–l.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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